Dokumenten-Archivierung für Immobilien: Rechtssichere Aufbewahrung von Unterlagen

Wenn Sie als Vermieter oder Wohnungseigentümergemeinschaft Unterlagen für Ihre Immobilie aufbewahren, dann tun Sie das nicht, weil es schön ist. Sie tun es, weil es gesetzlich vorgeschrieben ist. Und wer das ignoriert, riskiert nicht nur Bußgelder - er verliert auch den Nachweis, wenn es auf den Cent ankommt. Ob Betriebskostenabrechnung, Mietvertrag oder Handwerkerrechnung: Jedes Papier, das Sie heute unterschreiben oder digital speichern, könnte in drei, fünf oder sogar zwanzig Jahren vor Gericht oder beim Finanzamt entscheidend sein.

Was muss aufbewahrt werden - und warum?

Nicht alle Dokumente haben die gleiche Haltbarkeit. Die Fristen unterscheiden sich je nach Art des Papiers und wer es verwaltet. Für private Vermieter gilt: Mietverträge und Kontoauszüge mit Mietzahlungen müssen mindestens drei Jahre nach Beendigung des Mietverhältnisses aufbewahrt werden. Aber das ist nur der Anfang. Wer steuerlich relevanten Ausgaben nachweisen will - etwa für Modernisierungen oder Reparaturen - braucht die Rechnungen von Handwerkern. Die müssen acht Jahre aufgehoben werden. Das gleiche gilt für Betriebskostenabrechnungen. Denn wenn ein Mieter die Abrechnung anfechtet oder das Finanzamt prüft, ob die Umlage korrekt war, dann brauchen Sie Belege. Ohne sie haben Sie keine Chance.

Wohnungseigentümergemeinschaften haben noch strengere Regeln. Seit dem 1. Dezember 2020 gilt im Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Alle Verwaltungsunterlagen gehören der Gemeinschaft als Gemeinschaftsvermögen. Das bedeutet: Sie dürfen sie nicht einfach wegschmeißen, wenn der Verwalter wechselt. Der neue Verwalter hat ein Recht darauf, alle Unterlagen einzusehen - und zwar lückenlos. Dazu gehören Jahresabschlüsse, Eröffnungsbilanzen, Protokolle der Eigentümerversammlungen, Versicherungspolicen und auch alle Zahlungsnachweise für die Hausgelder.

Rechtssicherheit durch GoBD - was das wirklich bedeutet

Wenn Sie digital archivieren, dann dürfen Sie nicht einfach PDFs in einem Ordner ablegen. Das ist kein Archiv - das ist ein Risiko. Die GoBD (Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form) legen fest, wie digitale Dokumente richtig aufbewahrt werden müssen. Und diese Regeln gelten seit 2014 - und sind immer noch aktuell.

GoBD verlangt vier Dinge: Erstens, die Dokumente dürfen nicht verändert werden, nachdem sie archiviert wurden. Zweitens, jeder Schritt - wer hat das Dokument hochgeladen, wer hat es geöffnet, wann wurde es gelöscht - muss nachvollziehbar sein. Drittens, nur berechtigte Personen dürfen darauf zugreifen. Und viertens, alle relevanten Unterlagen müssen vollständig vorhanden sein. Kein fehlender Kontoauszug, keine halbe Rechnung. Wenn ein Dokument fehlt, dann ist das Archiv unrechtssicher.

Das ist kein theoretisches Konzept. Im Jahr 2022 hat der Deutsche Mieterbund 3.872 Abmahnungen wegen fehlerhafter Dokumentenarchivierung gezählt - fast dreimal so viele wie 2020. Die meisten betrafen unvollständige Betriebskostenabrechnungen oder fehlende Nachweise für Instandhaltungskosten. Die Mieter haben recht - und die Vermieter zahlen.

Original oder Digital? Wann was brauchen Sie

Ein häufiger Irrtum: Alles kann digitalisiert werden. Das stimmt nicht. Manche Dokumente brauchen das Original. Das sind vor allem Unterlagen, die eine bestimmte Form vorschreiben. Notariell beurkundete Verträge, Vollmachten, Bürgschaften oder Grundstücksübertragungen: Hier muss das Original aufbewahrt werden. Die Unterschrift auf dem Papier ist der Beweis. Eine gescannte Kopie reicht nicht.

Bei allen anderen Dokumenten - Rechnungen, Kontoauszüge, Protokolle, Mietverträge - ist eine qualitativ hochwertige Digitalisierung ausreichend. Wichtig ist nur: Die Datei muss lesbar sein, die Unterschrift muss erkennbar sein, und das Dokument muss unverändert bleiben. Ein schlecht gescannter Ausdruck mit verschwommenen Zahlen ist kein gültiger Beleg. Ein Scanner mit mindestens 300 dpi Auflösung und eine klare Namensgebung der Dateien (z. B. „Rechnung_2023_Handwerker_Fenster_12345.pdf“) sind die Grundlage.

Die Entscheidung, was digital bleibt und was im Original aufbewahrt wird, muss die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Beschluss fassen. Ein einfacher Satz in der Protokollnotiz reicht nicht. Es muss ein formeller Beschluss sein, der die Digitalisierung nach GoBD explizit genehmigt. Sonst ist alles, was digital gespeichert wurde, rechtlich wertlos.

Immobilienverwalterin sucht in einem digitalen Archivsystem nach Dokumenten mit Retentionsfristen.

Wie lange muss was aufbewahrt werden? Die Übersicht

Die Fristen sind komplex - hier die wichtigsten im Überblick:

  • Handwerkerrechnungen (für Modernisierung oder Instandhaltung): 8 Jahre
  • Betriebskostenabrechnungen: 8 Jahre
  • Kontoauszüge mit Mietzahlungen: 8 Jahre
  • Mietverträge: 3 Jahre nach Ende des Mietverhältnisses
  • Jahresabschlüsse und Eröffnungsbilanzen: 10 Jahre (Original erforderlich)
  • Protokolle der Eigentümerversammlungen: 10 Jahre
  • Rechnungen aus öffentlichen Aufträgen (XRechnung): 10 Jahre
  • Grundstücksverträge und Notarielle Urkunden: 20 Jahre (Original erforderlich)

In der Schweiz gelten andere Regeln: Hier müssen buchhalterisch relevante Unterlagen zehn Jahre aufbewahrt werden - und für Grundstücks- oder Partizipationsgeschäfte sogar 20 Jahre. Wer in der Schweiz oder mit schweizerischen Vermietern arbeitet, muss diese Fristen kennen.

Welche Software ist die richtige?

Es gibt Hunderte von Programmen, die behaupten, „rechtssicher“ zu sein. Aber nur wenige erfüllen wirklich die GoBD-Anforderungen. Die führenden Anbieter im deutschen Markt sind d.velop, portal systems und smartSTORE. Sie bieten integrierte Lösungen, die Dokumente automatisch verschlüsseln, Zugriffsrechte verwalten, Änderungen protokollieren und die Langzeitlesbarkeit sicherstellen - etwa durch die Speicherung in offenen Formaten wie PDF/A.

Die Kosten liegen bei durchschnittlich 1,28 Euro pro Wohnung und Monat. Für eine kleine Verwaltung mit 100 Wohnungen sind das rund 128 Euro im Monat. Das klingt viel - aber im Vergleich zu einem Bußgeld von mehreren tausend Euro oder einem verlorenen Rechtsstreit ist es ein gutes Investment. Die wichtigsten Auswahlkriterien: DSGVO-Konformität (94,3 % der Verwalter nennen das als wichtigste Voraussetzung), Integration mit der bestehenden Verwaltungssoftware (87,6 %), und klare Benutzerfreundlichkeit (68,9 %).

Ein System, das nur PDFs speichert und nichts anderes kann, ist kein Archivsystem. Ein echtes System erlaubt es, Dokumente nach Kriterien zu suchen - etwa „alle Rechnungen von 2022 mit dem Handwerker Müller“. Es zeigt, wer wann welches Dokument geöffnet hat. Und es blockiert das Löschen, wenn die Frist noch nicht abgelaufen ist.

Zerfallendes Papierarchiv neben einer leuchtenden, sicheren digitalen Archivlösung mit Zugriffsprotokollen.

Was passiert, wenn Sie es falsch machen?

Viele denken: „Ich habe doch nichts zu verbergen.“ Aber es geht nicht um Verstecken. Es geht um Nachweis. Wenn ein Mieter die Betriebskostenabrechnung anfechtet und Sie die Rechnungen für die Heizkosten nicht vorlegen können, dann muss der Vermieter die Kosten selbst tragen. Wenn das Finanzamt prüft und keine Kontoauszüge für Mietzahlungen findet, dann wird die Miete als Einkommen angenommen - ohne Abzug von Kosten. Das kann zu Nachzahlungen von mehreren tausend Euro führen.

Und es gibt noch eine andere Gefahr: Die Digitalisierungslücke. 67,3 % der Immobilienverwalter brauchen 3 bis 6 Monate, um ein digitales Archiv einzurichten. Viele warten zu lange. Sie scannen Dokumente, speichern sie auf einem USB-Stick und vergessen sie. Oder sie nutzen Cloud-Speicher wie Dropbox - aber ohne Zugriffsrechte, ohne Protokollierung, ohne Verschlüsselung. Das ist kein Archiv. Das ist eine Einladung zum Problem.

Die Zukunft: Was kommt noch?

Seit November 2023 müssen alle Unternehmen in Deutschland elektronische Rechnungen im XRechnung-Format versenden. Das bedeutet: Rechnungen werden nicht mehr per E-Mail als PDF geschickt, sondern als strukturierte XML-Datei mit maschinenlesbaren Daten. Das erleichtert die Archivierung - aber nur, wenn die Software das versteht. Wer noch mit alten Systemen arbeitet, wird hier bald zurückfallen.

Prof. Dr. Klaus Müller vom Institut für Immobilienwirtschaft prognostiziert: Bis 2028 werden 92 % aller Verwaltungsunterlagen digital archiviert sein. Das ist keine Zukunftsmusik - das ist eine technische Notwendigkeit. Die Gesetze werden sich weiter verschärfen. Die Novellierung des WEG, die 2024 in Kraft treten soll, wird die Digitalisierungspflicht weiter präzisieren. Wer jetzt nicht handelt, wird später teuer zahlen.

Was Sie jetzt tun müssen

1. Listen Sie alle Dokumente auf, die Sie aktuell aufbewahren - von Mietverträgen bis zu Handwerkerrechnungen.

2. Prüfen Sie die Fristen für jedes Dokument. Notieren Sie sich, wann sie ablaufen.

3. Entscheiden Sie, was digital bleibt und was im Original aufbewahrt wird. Das muss die Eigentümergemeinschaft beschließen.

4. Wählen Sie eine GoBD-konforme Software, die mit Ihrer Verwaltungssoftware zusammenarbeitet.

5. Archivieren Sie alles systematisch - mit klaren Dateinamen, Datum und Verantwortlichem.

6. Prüfen Sie jährlich, ob alle Fristen eingehalten werden und ob alle Dokumente zugänglich sind.

Es ist kein Luxus, es ist Pflicht. Und es ist kein Aufwand - es ist Schutz. Für Sie, für Ihre Mieter, für Ihre Rechte.

Dezember 3, 2025 / Finanzen & Steuern /

Kommentare (2)

Christoph Kübler

Christoph Kübler

Dezember 3, 2025 AT 15:22

Ich hab das alles schon mal gesehen. Warum macht man das nicht einfach digital? Jeder kennt doch Dropbox.
Und wenn’s mal nicht geht, ist das auch egal.

Patrick Mayrand

Patrick Mayrand

Dezember 4, 2025 AT 03:08

Mietverträge 3 Jahre? Was für ein Quatsch. Ich hab noch alle von 2008. Wer braucht das schon?

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